[ALEKSO]

Samstag, 25. Juni 2011
(Sachsische Zeitung)


Sind wir nicht alle ein bisschen Helene?
Von Thomas Barsch
Helene Fischer hat am Dresdner Elbufer Schlager gesungen, Queen gefeiert und Lady Gaga parodiert. Es tat gar nicht so weh.

So weit musste es also kommen, und Helene Fischer wei?, wer daran schuld ist: „Im vergangenen Jahr haben mich die Journalisten ,Lady Gaga des Schlagers‘ genannt“, erzahlt sie, wahrend sich die Mitglieder ihrer Band schon diese Pagenschnitt-Perucken uber die Kopfe stulpen, und fragt: „Sind wir nicht alle manchmal ein bisschen gaga?“ Dann geht es auch schon los.
Ma, ma, ma, maaaah … ma, ma, ma, maaaah …
Helene macht die Gaga gut
...Die Stimmung am Dresdner Elbufer ist auf dem Hohepunkt. Es ist Donnerstagabend, zehn vor zehn. Es regnet in Stromen, und doch sind sie gut gelaunt. Sie wackeln und singen mit.
Auch Helene hat sich nun so eine Perucke aufgesetzt und singt „Poker Face“, jenen Hit, mit dem die Skandalikone Lady Gaga beruhmt geworden ist. Helene Fischer dagegen ist mit deutschen Schlagern beruhmt geworden. Deretwegen sind die meisten der 5500 Zuschauer gekommen. Wegen der Schlager ist das Konzert am Abend vor dem Start der Filmnachte am Elbufer seit Wochen ausverkauft. Und die Leute sind kaum zu halten, als ihnen Helene die Gaga macht. Sie macht sie verdammt gut, nicht, weil sie ihr ahnelt, sondern mit ihrer Stimme. Es ist eine ausgebildete Stimme, kraftvoll, sanft und ehrlich. Sie trostet daruber hinweg, dass wir in einem Land leben, in dem eine Schulerin, die keine Stimme hat, zur Grand-Prix-Gewinnerin aufsteigen kann.
Der Kuss kommt zum Schluss
Weil sie Stimme hat, ist Helene Fischer in der Lage, „Poker Face“ genauso uberzeugend zu interpretieren wie zuvor schon ihr Medleyrussischer Volkslieder, ihren Ausflug in die Welt des Musicals oder das „We will rock you“ als Referenz an 40 Jahre Queen. Ja, naturlich singt sie auch ihre Schlager von „Lass mich in dein Leben“ uber „Nicht von dieser Welt“ bis „Und morgen fruh kuss’ ich dich wach“. Das ist einer ihrer aktuellen Hits, und er dient, wie so oft bei solchen Konzerten, als Zugabe.
...An diesem verregneten Abend wird klar: Wenn jemand noch Fans hat, die es ehrlich meinen und die zu einem halten, dann ist es Helene Fischer. Die 5.500 lassen sich weder durch das miese Wetter die Laune verderben noch durch die halbstundige Pause im Konzert. Sie sitzen eng aneinandergedrangt in ihren Regencapes und mit ihren Schirmen...
Ganz normal sehen sie aus, die Leute auf den Stuhlen am Elbhang, ein sehr gemischtes Publikum zwischen 20 und 70, manche davon Russlanddeutsche wie auch Helene Fischer selbst. Gerade mal dreieinhalb Jahre war Helene jung, als ihre Familie 1988 vom sibirischen Krasnojarsk ins Rheinland ubersiedelte. Trotzdem wird sie als eine Art Heldin verehrt, eine, die es geschafft hat. „Bolschoje spasibo – Vielen Dank“, sagt sie, als ihr eine Landsfrau Blumen an die Buhne bringt.