Und noch immer ist dieser Prozess der
permanenten Selbsterneuerung nicht abgeschlossen.
Denn 65 Jahre nachdem die
Deutschen aus Schutt und Schuld gekrochen
sind, 20 Jahre nachdem sie ihre staatliche
Einheit erreicht haben, steht auch
der Wiederaufbau zur Diskussion, wird
das Geleistete in Frage gestellt und in
neuer Freiheit uber Gro?stadte als Heimstatten
nachgedacht.
Fehler sollen korrigiert werden, die
dem Tempo und dem Modernisierungswahn
geschuldet waren. Ein neues asthetisches
Bedurfnis drangt das aus Not geborene
Prinzip der reinen Zweckma?igkeit
zuruck.
Der demografische Wandel – die Alterung
der Gesellschaft, die Zuwandererstrome,
die drohende Verwaisung man-
cher Landstriche im Osten – verlangt
nach einem neuen Stadtebau, anderen
Wohnformen, mancherorts auch einer
ungewohnten „Kultur des Schrumpfens“,
wo man es fruher nur mit wachsenden
urbanen Zonen und Landschaften zu tun
hatte. Und anderswo tun sich Gelegenheiten
auf, ganze brachliegende Areale
neu zu konzipieren, Stadtviertel vom
Rei?brett als neue Wahrzeichen in alte
Umgebung zu setzen.
Die Planer denken um, der Radika -
lismus des Anfangs weicht der Behut -
samkeit des Umbaus oder gar der Rekonstruktion.
Eine dritte Phase des Aufbaus
zeichnet sich ab, und mit ihr keimen, paradoxerweise,
Nostalgie und Sehnsucht
nach Geschichte, Tradition, Fixpunkten,
urbanen Kernen, die im Brei der Metropolen
Halt geben und Identitat stiften.
Nach Statten der Erinnerung mit Zitaten
der Vergangenheit, auch und gerade im
fur immer Verschwundenen.
Der groteske Streit um den Wiederaufbau
des Berliner Stadtschlosses ist fur diese
Ruckorientierung im Neuen genauso
ein Beleg wie die Begeisterung uber die
wiedererrichtete Dresdner Frauenkirche.
Zum kulturellen Wesen des Menschen
gehort eben auch die geschichtliche
Selbstvergewisserung. Sie kann in hartnackigem
Illusionismus versinken und
erbarmlich scheitern, wie sich derzeit am
Berliner Beispiel des Schlosses zeigt. Sie
kann aber auch, wie die spendenfinanzierte
Frauenkirche, das strahlende Symbol
eines selbstbewussten Burgerstolzes
werden.
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Снова светит солнце, снова светится душа, и пасмурно не будет больше никогда!!!
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